WG141 – Briefentwurf an Alma Mahler
Berlin, Dienstag, 6. oder Mittwoch, 7. Juni 1911
\Die Kleinheit, die wir fortan gegenseitig
noch mehr aus unserem Leben verbannen wollen/
Ich bin selig, daß langsam
wieder Leben, Sehnsucht \u Sonne u Jugend/
da Du \er/ versöhnt u ohne
Härte von Dir fortging und
Dich so hoch hielt, wie Du es
verdienst
\so reif so klar
daß ich fast Furcht
davor empfinde/
Denn in einem solchen Jahr
kommt jeder weiter meilen-
weit vorwärts ohne den an-
deren und man fürchtet \es beginnen/
die Veränderung\en die scheu machen/
So könnte\ann/ er ohne Stachel
im Herzen, ohne Eifersucht heute
auf uns herabsehen, von den
irdischen Leidenschaften erlöst \bar/
Von der innerlichen Gewißheit
durchdrungen, daß das Glück
meines Lebens mir auf
Handbreite nahe sei
Das Zusammenleben
die Gemeinschaft von
Tisch u Bett, schaffen ein
Gewebe von feinen un-
sichtbaren Fäden, deren
Dauerhaftigkeit sich erst
im Schmerz, bei der Gewalt
d. Trennung enthüllt
Apparat
Überlieferung
, , , .
Quellenbeschreibung
2 Bl. (2 b. S.) – Viertel eines Papierbogens.
Druck
Erstveröffentlichung.
Korrespondenzstellen
Antwort auf AM68 vom 3. Juni 1911 (So wie mir heute besser ist – sehne ich mich nach Sonne – Jugend[,] Schönheit): Ich bin selig, daß langsam wieder Leben, Sehnsucht \u Sonne u Jugend/.
Datierung
Obwohl es sich bei diesem Briefentwurf um eine Antwort auf AM68 handelt, ist dennoch fraglich, wann WG AM68 erhalten hatte und wann er demnach frühestens darauf antworten konnte. AM68 wurde am 3. Juni 1911 um 21 Uhr vom Semmering weggeschickt und laut Umschlag nach Timmendorf adressiert. Da sich WG jedoch bei Ankunft des Briefes offensichtlich nicht mehr an der Ostsee aufhielt, wurde AM68 laut Vermerk auf dem Kuvert am 5. Juni nach Berlin nachgesendet, dort am 6. Juni innerhalb Berlins weitergeleitet und kam entweder noch am 6. oder erst am 7. Juni 1911 bei WG an, weshalb diese beiden Tage als Datierung angenommen werden.
Übertragung/Mitarbeit
(Fabian Müller)
\es beginnen/ – in Tinte.
\en die scheu machen/ – in Tinte.
\bar/ – in Tinte.